Abschlussbericht des 5-Tage Videoworkshops: Die Brücke

Der Workshop „Die Brücke“ wurde von Michael Gülzow und mir geleitet und fand vom 22.09. bis 29.09 an der Heinrich-De-Haan-Schule des Berufsbildungszentrums Rendsbug-Eckernförde statt. Er resultierte in dem 5-minütigen Kurzfilm „Auf einem Gleis“, welcher am 30.09.2014 der Schule sowie der Lokalpresse gezeigt wurde.

Montag: Drehbuch

Selbst bei geschlossenen Fenstern ist im Klassenraum die Rendsburger Hochbrücke kaum zu überhören. Regelmäßig rattern die Züge an dem Gebäude vorbei bevor sie sich in einer großen Schlaufe 40 Meter über den Nord-Ostseekanal erheben.

In meinem Workshop Angebot hatte ich eigentlich an eine Schnellstraßenbrücke gedacht, einen Un-Ort, auf den man sein Augenmerk erst einmal hin lenken muss. die Rendsburger Hochbrücke hingegen ist ein echter Hingucker, geschichtsträchtiges Wahrzeichen der Stadt und technisches Denkmal. Man musste sich Mühe geben sie nicht wahrzunehmen.

Interessanterweise war für die 22 werdenden Sozialpädagogische Assistenten die Brücke einfach nur Alltag, ein Konstrukt das leidlich seinen Zweck erfüllt, das mit Langsamkeit und Verspätungen verbunden wird (insbesondere im Fall der Schwebefähre, welche viele der Schüler täglich benutzen).

Gegen Alltag hilft am besten eine Katastrophe. So beschlossen wir als zentrale Handlung, dass zwei Züge auf der Rendsburger Hochbrücke frontal aufeinanderprallen (eine Idee, entstanden aus der Info, dass Züge in beide Richtungen verkehren es aber wegen Bauarbeiten nur ein Gleis auf der Brücke gab.) Der Moment des Aufpralls ist zugleich Ende des Films. Mehrere miteinander verknüpfte Parallelhandlungen rund um die Hochbrücke beschreiben die Minuten vor dem Aufprall. Dies gab dem Projekt ein solides, aber gleichzeitig sehr offenes Gerüst, in dem sich die Schüler frei entfalten konnten und uns gab es zudem die Möglichkeit die Klasse in mehrere Teams aufzuteilen.


Wir hatten 4 Kameras, die parallel für die nächsten zwei Tage genutzt werden konnten.

Schnell haben die Schüler verschiedene Erfahrungs- und Handlungsorte identifiziert und sich selbständig in Gruppen organisiert:

  • Eine Gruppe ging in die Stadt, die Hochbrücke reiht sich ein mit anderen Wahrzeichen der Stadt.
  • Eine Gruppe nahm an einer Führung auf die Aussichtsplattform auf der Hochbrücke teil.
  • Eine Gruppe nutzte die Schwebefähre.
  • Eine Gruppe fuhr im Zug über die Brücke.
  • Eine Gruppe filmte den Zug von außen und verfolgt den Anstieg auf die Hochbrücke.

Wir gaben eine rasanten Crashkurs in Filmtechnik in dem vordergründig Bildkomposition, Einstellungsgrößen, Bildwinkel und Kamerabewegung sowie die Handlungsachse erklärt wurden.

Jede Gruppe war nun angehalten eine Geschichte zu entwickeln und ein Storyboard zu zeichnen, sowie ein Drehplan zu entwickeln. Ein bestimmter Zug wurde ausgesucht, der Fahrplan und Taktung des Zuges herausgefunden und die Tour auf die Aussichtsplattform gebucht.

 

Dienstag und Mittwoch: Dreh

Als die einzelnen Teams ihren Plan zusammen hatten wollten sie sich beim Dreh so wenig wie es nur geht reinreden lassen und zogen eigenständig mit ihrer Kamera los. Wenn sie in den Klassenraum mit ihrer „Beute“ zurückkamen wurde das Material gesichtet und besprochen. Zum Teil wurden die Teams danach wieder losgeschickt. Die Gruppe, die die Außenaufnahmen der Bahn machte war ganze 2 Tage fort, und wir sahen ihr Material erst in Kiel. Glücklicherweise war genug brauchbares dabei, aber Michael und ich waren schon ein wenig nervös.


Jede Gruppe hatte eine ihrem Inhalt angepassten Kamerastil. Jeder Bildausschnitt und jede Kamerabewegung musste eine bestimmte Aussage oder Motivation haben.

Am wildesten trieb es die Gruppe, die auf die Aussichtsplattform ging. Sie hatten zwei Kameras und durften sie nutzen, wie Touristen sie nutzen würden: Auf alles draufhalten was irgendwie interessant erschien, sei es ein Schiff, ein lesbisches Liebesschloss oder einfach die Person mit der anderen Kamera. Die Gruppe hatte das Glück einen erzähl-freudigen Touristenführer zu haben, der dann auch bereitwillig erklärte, warum es denn nur ein Gleis auf der Brücke gäbe. Das half dem Film in der Erzählung vorwärts und gab ihm einen unverhofften dokumentarischen Touch...


Neben den Bildsammlern, gab es dann auch die Tonsammler, die Mit Kleinen Zoom-Audiogeräten Geräusche und Atmospharen rund um die Brücke aufnahmen.


Donnerstag, Freitag: Schnitt

Geschnitten wurde der Film mit den Schülern an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel.

Den ursprünglichen Plan, jede Gruppe ihren eignen Teil vom Film an separaten Rechnern zu schneiden und dann zu einem Ganzen zusammenzufügen, haben wir noch im Vorfeld verworfen, als klar war wie dicht die einzelnen Handlungsstränge miteinander verwoben sein würden.

Wir folgten dem Vorschlag des Werkstattleiters, Georg Willer, das Studio in einen Konferenzsaal umzuwandeln und die Programmoberfläche von Adobe Premiere mit zwei Beamern an die Wand zu projizieren. So konnte die gesamte Klasse an dem Schnitt teilhaben.

Jede Gruppe bestimmte eine Person, die an dem Schnittrechner arbeite. Michael half bei der Bedienung des Programms, und die Schüler hatten den Dreh schnell raus.

Für die Klasse war es die Zeit der Aha-Erlebnisse. Man merkte auch den Spaß, den sie hatten als sie sahen, dass sich die Puzzlestücke der verschiedenen Gruppen zu einer richtigen Erzählung zusammenfügten. Auch die Erkenntnis, dass es nicht festgeschrieben war wie die Aufnahmen aufeinander folgten, sondern dass es scheinbar unendlich viele Kombinationen mit unterschiedlichen Wirkungen und Aussagen gab, faszinierte die Schüler.